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Wasserstoff Roadmap
Nordrhein-Westfalen

Potentiale der Zukunftstechnologie für den Wirtschafts- und Industriestandort

Im November 2020 hat die nordrhein-westfälische Landesregierung mit der Wasserstoff Roadmap ihre Strategie veröffentlicht, mit der Nordrhein-Westfalen zum Vorreiter einer zukunftsweisenden Wasserstoffwirtschaft werden soll. Die Roadmap zeigt die geplanten Maßnahmen und notwendigen Voraussetzungen auf, um den optimalen Einsatz der Zukunftstechnologie für eine klimaneutrale Energiezukunft zu ermöglichen. Ziel ist es, Nordrhein-Westfalen zum Kristallisationspunkt für den Aufbau einer nationalen und europäischen Wasserstoffwirtschaft zu machen.

Das Land hat die Förderung von Wasserstoff-Projekten bereits zu einem frühen Zeitpunkt in den Fokus gerückt. Bis heute wurden mehr als 150 Millionen Euro für über 130 Projekte in der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik bereitgestellt. Darauf aufbauend gilt es in den kommenden Jahren ehrgeizige Ziele zu erreichen: Bis 2030 sollen in Nordrhein-Westfalen 1 bis 3 Gigawatt Elektrolyseleistung in Betrieb gehen, 240 Kilometer des Pipeline-Netzes installiert und rund 11.000 Brennstoffzellen-Lkw unterwegs sein.

Wasserstoff als Klimaretter

Wasserstoff stellt einen wichtigen Baustein zur Verwirklichung der politisch beschlossenen Klimaschutzziele dar. Er hat das Potential, in allen Sektoren zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen beizutragen. Mithilfe von grünem Wasserstoff, der aus erneuerbarem Strom hergestellt wird, können sowohl Industrieprozesse, der Schwerlastverkehr als auch der Strom- und Wärmebedarf klimafreundlich ausgestaltet werden. Werden seine Einsatzmöglichkeiten voll ausgeschöpft, können dadurch in Nordrhein-Westfalen sogar ein Viertel der heutigen CO2-Emissionen einspart werden.

Markthochlauf von Wasserstoff beschleunigen

Gerade die Sicherung der energieintensiven Industrie wird angesichts der Zielsetzung, die industriellen Prozesse bis 2050 klimaneutral zu gestalten, von der Entwicklung einer starken Wasserstoffwirtschaft abhängen. Insbesondere für eine im internationalen Wettbewerb stehende Industrie bedarf es künftig einer verlässlichen Bereitstellung von großen Mengen Wasserstoff - und das zu global wettbewerbsfähigen Preisen. Die zukunftsfähige Ausrichtung des Industrie- und Wirtschaftsstandorts Nordrhein-Westfalen erfordert daher die zuverlässige und bedarfsorientierte Verfügbarkeit von Wasserstoff als Energieträger für Industrie und Wirtschaft.

Nordrhein-Westfalen kann auf dem Weg zum Wasserstoffland auf vielversprechenden Grundlagen aufbauen. Die hohe Industriedichte und künftigen Wasserstoff-Großverbraucher im Land stellen eine ausreichende Nachfragekapazität sicher. 

 

Zudem kann mit einem dicht geknüpften Erdgasnetz und dem vorhandenen Wasserstoffnetz im Rhein-Ruhr-Gebiet auf bestehende Infrastrukturen zurückgegriffen werden. Die enge Verflechtung mit europäischen Nachbarregionen bietet die Chance, Nordrhein-Westfalen zum Teil einer konzentrierten, stark vernetzten und einzigartigen Wasserstoff-Technologielandschaft zu machen. Mit einem international gut angeschlossenen Energieinfrastrukturnetz, der Nordsee als exzellentem Windenergiestandort und der Verfügbarkeit großer Salzkavernenspeicher hat Nord-West Europa optimale Voraussetzungen inne, um zur treibenden Kraft einer starken europäischen Wasserstoffwirtschaft zu werden.

Förderung von Beschäftigung und Wohlstand

Mit der Umsetzung der Wasserstoff Roadmap gehen auch große wirtschaftliche Chancen einher. Die Vielfalt der neuen Technologien, die für eine effektive Wasserstoff-Nutzung entwickelt, erprobt und produziert werden müssen, bietet große Potentiale zum Erhalt und Ausbau zukunftsfähiger Arbeitsplätze und nachhaltiger Wertschöpfung in Nordrhein-Westfalen. Die Entwicklung praxistauglicher Elektrolyseure und Brennstoffzellen sowie wasserstoffkompatibler Infrastrukturen eröffnet neue Märkte und Exportchancen von erheblichem Ausmaß, die Nordrhein-Westfalen als Innovations- und Technologiestandort optimal für sich nutzen möchte.

Das kann die Energieforschung leisten

Auf dem Wasserstoff ruhen große Erwartungen, deren effektive Erfüllung noch mit einem großen Forschungsbedarf einhergeht. Zwar sind viele Technologien rund um den Wasserstoff bereits erprobt und verfügbar, allerdings bergen diese oftmals noch erhebliche Optimierungspotentiale. Auch die Erschließung weiterer Forschungsfelder stellt die Energieforschung vor neue Aufgaben. Mit einer exzellenten und breit aufgestellten Forschungslandschaft im Bereich Wasserstoff verfügt Nordrhein-Westfalen über erfolgsversprechende Grundlagen zur Verwirklichung dieser ambitionierten Ziele.

Die Stärkung von Forschung und Innovation ist ein strategischer Baustein der Wasserstoff Roadmap. Der Fokus liegt dabei auf der Vielzahl der leistungsstarken Institute mit Bezug zu den verschiedenen Wasserstofftechnologien. Beispielsweise bilden das neue Helmholtz-Cluster für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft und das erste Liquid Organic Hydrogen Carrier (LOHC) Testfeld in industrieller Größenordnung wichtige Elemente, um diese Entwicklung voranzutreiben. Mit der Fortsetzung der bereits initiierten Forschungsprojekte und dem Aufbau von Wasserstoff Start-ups soll die Energieforschung darin unterstützt werden, den Transfer von der Forschung zum Business Case zu beschleunigen.

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Der Aufbau einer zukunftsweisenden Wasserstoffwirtschaft birgt große Chancen – sowohl zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen als auch zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Nordrhein-Westfalen.

Wasserstoff in der Industrie

Die konkreten Handlungsfelder sind dabei ebenso herausfordernd wie vielfältig. Für die Erreichung des Ziels der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 kommt vor allem der Reduktion der Treibhausgasemissionen in der Stahlindustrie eine Schlüsselrolle zu: Etwa 40 Prozent der industriellen CO2 -Emissionen in Nordrhein-Westfalen entfallen auf diese Branche. Die Optimierung der Wasserstoff-Nutzung in der Stahlproduktion bietet große Erfolgschancen, das zu ändern. Das aussichtsreichste Verfahren zur Verwirklichung einer klimaschonenden Primärstahlproduktion ist die sogenannte Wasserstoffdirektreduktion. Statt Koks und Einblaskohle wird dabei Wasserstoff zur Reduktion des Eisenerzes genutzt, sodass bei der Herstellung kein CO2 entsteht. Nordrhein-Westfalen nimmt bei der praxistauglichen Erprobung und Anwendung dieses Verfahrens eine Vorreiterrolle ein. Die weltweit erste Demonstration der Wasserstoff-Einspeisung in einen Hochofen findet am Stahlwerk der Thyssenkrupp Steel in Duisburg statt. Aufbauend auf einem vom Land geförderten Projekt werden in dem vom Bund geförderten Nachfolgeprojekt H2Stahl bis Ende 2021 alle 28 Blasformen eines Hochofens auf den anteiligen Einsatz von Wasserstoff umgestellt. Ab 2024 soll dann - basierend auf den so gewonnenen Erkenntnissen - die erste großindustrielle Wasserstoffdirektreduktionsanlage in Betrieb gehen. Neben der Optimierung der Technologie an sich besteht allerdings auch bezüglich der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens noch Entwicklungsbedarf. Die nordrhein-westfälische Landesregierung zielt daher über die zeitnahe Einführung von Carbon Contracts for Difference (CCfD) darauf ab, Anreize für Investitionen und eine raschere Technologieentwicklung zu schaffen.

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Schematische Darstellung des Herstellungsprozesses von grünem Wasserstoff.

Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld ist die Herstellung von grünem Wasserstoff an sich. Beispielweise geht die elektrolytische Wasserstoffherstellung derzeit noch mit hohen Verfahrens- und Produktionskosten einher. Ein signifikanter Anteil entfällt dabei auf die Katalysatoren, die zur Steigerung der Reaktionsrate bei der Zerlegung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff benötigt werden. Die Energieforschung arbeitet derzeit daran, bei gleichbleibender Leistung die Nutzung günstigerer Materialien auszumachen. Auch die Optimierung der Grundkonzepte für modulare Brennstoffzellen- und Elektrolyseurstapel wird intensiv erforscht. Ziel ist es, Wasserstoff direkt auf einem hohen Druckniveau zu produzieren. Das ermöglicht die Einsparung der Energie, die ansonsten üblicherweise für die Komprimierung benötigt wird. Darüber hinaus werden vielfältige weitere Themenbereiche, wie etwa bezüglich der Lebensdauer- und Effizienzsteigerung, der Kostendegression und dem systemischen Zusammenspiel von Einzelkomponenten erforscht.

Exzellente Forschung für den Wasserstoff

Viele der in der Wasserstoff Roadmap aufgeführten Ziele können nur in enger Zusammenarbeit mit einer starken Energieforschung verwirklicht werden. Ein großer Teil der darin aufgeführten innovativen Technologien und Lösungsansätze steht noch offenen Forschungsfragen gegenüber. Das betrifft beispielsweise die effektive Wasserstoffspeicherung, den Einsatz von grünem Wasserstoff in der Gießereitechnik, in Gaskraftwerken und KWK-Anlagen oder die Entwicklung klimafreundlicher Kraftstoffe sowie der integrierte Einsatz von synthetischen Brennstoffen und CCU. Auch die Realisierung großindustrieller Anlagen zur Ammoniak- und Methanolsynthese oder die klimafreundliche Ausgestaltung der Wärmebereitstellung in der Zement- und Glasindustrie bedürfen noch weiterer Forschung im Bereich der Wasserstoff. Bei all diesen Themen hat sich die Forschungslandschaft in Nordrhein-Westfalen bereits aussichtsreich auf den Weg begeben und wird darin von der Landesregierung aktiv unterstützt und gefördert. 

Pressemitteilung des MWIKE

Pressemitteilung des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie zur Veröffentlichung der Wasserstoff Roadmap (November 2020).

zur Pressemitteilung

Die Roadmap als Download

Die Wasserstoff Roadmap für Nordrhein-Westfalen - das komplette Papier als PDF zum Download.

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